„Was ist Deine Lebensaufgabe? Hast Du einen Purpose?“ Ich mag diese Fragen nicht wirklich. Ich verbinde sie sehr stark mit einem schneller, höher, weiter auf einer pseudo-spirituellen Ebene. Warum darf ich nicht einfach auf dieser Welt sein, ohne etwas besonderes leisten zu müssen? Denn allein die Vorstellung irgendeiner vermeintlichen Lebensaufgabe gerecht werden zu müssen kreiert bei mir – und vielen anderen Menschen – schon wieder Stress, Ängste oder sogar Krisen. Vielleicht gehören Sie ja auch dazu …

Was uns Menschen aber sicher zu eigen ist, ist die Suche und das Streben nach Sinnhaftigkeit in unserem Tun. Wir wünschen uns, dass die Dinge die wir tun einen Sinn haben – oder zumindest Sinn machen. Fehlt es an dieser empfundenen Sinnhaftigkeit, wird es schwer sein, für eine bestimmte Aufgabe Motivation und Energie zu entwickeln. Wir gehen den Dingen dann häufig nur deshalb nach, weil wir in irgendeiner Form von außen dazu aufgefordert, diszipliniert oder gar gezwungen werden. 

Was hat also Sinnhaftigkeit mit Motivation, Engagement und Leidenschaft zu tun? Und warum verlieren wir Energie, wenn wir Teile unseres Tuns oder Lebens als sinnlos empfinden?

Um diese Fragen zu beantworten müssen wir zunächst erst einmal ergründen, was wir mit Sinnstiftung bzw. Sinnhaftigkeit meinen – bzw. wann wir etwas als sinnstiftend oder sinnvoll erleben? Erleben bzw. wahrnehmen vor allem deshalb, weil es sich dabei um etwas sehr individuelles und subjektives handelt. Was mir sinnhaft, sinnvoll oder sinnstiftend erscheint, kann von einem anderen Menschen vollkommen anders wahrgenommen werden – auch wenn es an bestimmten Stellen vielleicht einen Konsens darüber gibt.

Schauen wir uns also zunächst an, wie sich die kollektive und individuelle Ebene von Sinnstiftung und Sinnhaftigkeit differenzieren lassen. Die Ebenen mit den größten Schnittmengen sind dabei vermutlich diejenigen, die sich auf allgemeine Fragen der Ethik und Moral beziehen. So werden es vermutlich die meisten Menschen als sinnvoll betrachten, dass wir uns als Menschen nicht gegenseitig umbringen und uns auch sonst nach Möglichkeit keinen Schaden zufügen. Es handelt sich also um einen gesellschaftlichen Konsens. Die Frage, ob man Tiere töten und essen sollte, wird demgegenüber schon deutlich polarisierender beantwortet werden. Dem einen macht dass nichts aus, während eben dies nicht zu tun für einen Vegetarier oder sogar Veganer vermutlich in hohem Maße sinnstiftend ist, dies nicht zu tun und entsprechend auch keine tierischen Produkte zu konsumieren. Hier befinden wir uns also schon auf der individuellen Ebene. Gehen wir noch eine Ebene tiefer, so wird es Menschen geben, die es für sich als sinnstiftend empfinden, jeden Morgen zu meditieren oder Yoga zu machen, während andere eine große Briefmarken- oder Steinsammlung pflegen oder eine unglaublich große Modelleisenbahn betreiben.

Was ich für mich als sinnstiftend betrachte, hängt also in hohem Maße von meiner individuellen Persönlichkeit, meiner Haltung und meinen Meinungen ab. Und wir sollten es idealerweise in Bezug auf andere nicht bewerten. Denn wir sind vermutlich alle auf unsere ganz eigene Art und Weise ein wenig schräg bzw. skurril – oder besser anders.

Nichtsdestotrotz ist die individuell empfundene Sinnhaftigkeit extrem wichtig dafür, wie wir mit den Dingen und Aufgaben in unserem Leben umgehen und wie wir uns dabei fühlen!

Und das bringt uns zur Energie … Um es etwas platt auszudrücken: Wenn wir etwas für wirklich sinnstiftend halten, gibt uns das eine Menge Motivation und Energie. Dann sprechen wir von Passion und Leidenschaft, oder dass wir für etwas „brennen“. Sinnstiftung und Sinnhaftigkeit führen also dazu, dass wir daran glauben, dass das was wir tun bzw. dass das, was zur Verwirklichung eines Zieles notwendig ist, einen Nutzen hat oder etwas positiv verändert. Deshalb engagieren wir uns dafür bzw. machen uns etwas zu eigen. Sinnstiftung setzt also im besten Fall ungeahnte Kräfte frei, führt dazu, dass wir etwas gerne machen, oder das wir es trotzdem machen, obwohl wir es vielleicht nicht wirklich gerne tun. 

Und warum sind Sinnstiftung und Energie wichtig für die Ausbildung von Resilienz?

Vor allem deshalb, weil es einen sehr negativen Einfluß auf uns hat, wenn wir etwas als nicht sinnstiftend bzw. sogar sinnlos betrachten. Das tritt vor allem dann auf, wenn der Impuls dazu von außen erfolgt und wir dazu aufgefordert, diszipliniert oder gar gezwungen werden, obwohl wir dies gar nicht wollen oder für sinnvoll erachten.

In vielen Fällen kommt das einem totalen Energieverlust gleich. Wir können uns nicht motivieren. Wir quälen uns. Wir drücken uns vor den von uns „verlangten“ Aufgaben. Wir haben überhaupt keinen Spaß daran. Wir bekommen schlechte Laune. Wir nörgeln herum und werden vielleicht sogar aggressiv. Und abbekommen tun es dann ggf. auch noch die „Falschen“.

Wir begeben uns also in eine Art Abwärtsspirale negativer Emotionen, die uns stresst, Ängste verursacht und ggf. sogar veritable Krisen bis hin zum Burnout auslösen kann. Denn ein Burnout (oder besser eine Erschöpfungdepression) kommt immer auch einer Sinnkrise gleich.

Aus diesem Grund ist es zur Stärkung unserer Resilienz wichtig, dass wir das, was wir tun und was einen Großteil unseres Lebens ausmacht (Arbeit, Beziehungen, etc.), immer wieder bewusst (siehe auch Bewusstheit) hinterfragen und versuchen nur das zu tun und zuzulassen, was uns auch als sinnvoll und sinnstiftend erscheint.